POP
Herzensangelegenheit
CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
Wenn Jimmy Page ein Projekt angeht,
dann richtig. Sprich: mit Herz und See-
le. Nachzuhören auf dem ersten Teil der
Led Zeppelin-Remasters, die mit jeder
Menge Raritäten und Überraschungen
glänzen
-
selbst
für
eingefleischte
Fans. STEREO traf die
70
-jährige Gitar-
ren-Legende in London
STEREO:
Jim m y, w ie lange hast D u an den
Remasters gearbeitet - insbesondere am u m -
fangreichen B onu s-M a te ria l?
Jimmy Page: Ich fing direkt nach der Ver-
öffentlichung von „Celebration Day“ im
Herbst 2012 an, hatte aber schon vorher
sämtliche Bänder archiviert,
die ich zu Hause hatte.
Darunter fanden sich diese
Versionen von Songs, die
so etwas wie „Work in pro-
gress“-Mixe sind. Denn die
Stücke waren ja nicht fertig,
als wir das Studio betreten
haben - sie wurden dort
ausgearbeitet und haben sich
stellenweise komplett
verändert.
Was
diese
Zwischen-
versionen zeigen:
Es sind die Songs vor
den Songs.
STEREO:
W ie viele g ib t es p ro A lb u m tra ck?
Page: Bei einigen Songs gibt es schon meh-
rere, aber das hier sind die spannendsten
und besten. Diejenigen, die am weitesten
von den späteren Endfassungen entfernt
sind. Oder die einen ganz anderen Ansatz
verfolgen als das, was letztlich auf dem Al-
bum erschienen ist.
STEREO:
U nd die teilweise u n te r d e n kw ü r-
digen A rb e itstite ln firm ie rte n ?
Page: (Lacht). Einige waren wirklich lustig.
Es gab zum Beispiel Bänder, auf denen hieß
es: „Cow And Gate“, „Tiddley Tum Tum
Tum“ oder „Song Nummer eins“ - abhängig
davon, in welchem Stadium sich das Stück
befand und wie weit der Text ausgearbei-
tet war. Wobei es aber auch Songs in ganz
anderer Version gab - wie von „Since I’ve
Been Loving You“. Und nachdem ich mir das
angehört hatte, war mir klar: „Ich will diese
Zwischenversionen.“ Für „Led Zeppelin III“
sind es zum Beispiel alternative oder rein
instrumentale Versionen. Wobei sie aber
so anders klingen, dass es selbst für Fans,
die das Material genau kennen, eine echte
Überraschung sein dürfte.
STEREO:
Was h a t es m it dem u nveröffent-
lichten „L a L a “ a u f sich? W a ru m ist das in
einer In stru m e n ta lve rsio n enthalten, w enn
es auch eine m it John P a u l Jones als Sänger
geben soll?
Page:
Das
war etwas, das wir
in den Olympic Studios
aufgenommen hatten - zu der Zeit,
als „Whole Lotta Love“ und „What Is
And What Should Never Be“ entstanden.
Die hatte Robert bereits eingesungen, aber
für diesen Song, der nun „La La“ heißt, war
keine Zeit mehr. Bevor wir ihn zur Seite
legten, hat John aber noch kurz etwas dazu-
gefügt, weil er halt eine Idee für eine Melodie
hatte. Von daher sind da eine akustische und
eine elektrische Gitarre sowie Orgel und
Bass - und er singt die Melodie, nämlich
„La La - la, la, la.“ Anschließend ist das
Ganze ins Archiv gewandert, ohne dass es
je jemand gehört hätte. Aber irgendwie ist
jetzt an die Öffentlichkeit gedrungen, dass
John auf einem Track namens „La La“ singen
würde, und er Teil der Remasters wäre. Was
einfach falsch ist, weil da nur improvisiert
wurde. Von daher haben wir uns für die
Instrumentalversion entschieden - weil sie
besser ist. (lacht)
STEREO:
Inw iefern unterscheiden sich die ak-
tuellen von den 92er-Remasters? H a t sich die
Technik seitdem w irk lic h so ve rändert bzw.
verbessert, dass m an den Unterschied hört?
Page: Natürlich! 1992 befanden wir uns
noch in den frühen Tagen des CD-Maste-
rings. Da war allein die Sampling-Rate, die
für die digitalen Files einer CD benötigt
wird, längst nicht so weit entwickelt wie heu-
te. Ich meine, wir reden hier von 1992. Und
deshalb sind Fragen wie „warum machst du
das noch einmal, wenn du es bereits getan
hast“ doch ziemlich merkwürdig. Einfach,
weil es über 20 Jahre her ist! Und John Da-
vis, der die neuen Abmischungen betreut,
ist superb - er hat einen großartigen Job
geleistet. Genau wie auf der Hit-Kompilation
„Mothership“ und dem Reunion-Konzert-
mitschnitt „Celebration Day“.
STEREO:
W ie geht es bei D ir w eiter? N im m s t
D u ein neues A lb u m a u f oder gehst D u - w ie
2012 angekündigt - a u f Tour?
Page: Ich hatte eigentlich gehoffi, die Re-
masters würden wesentlich früher erschei-
nen. Denn ich wollte wirklich losziehen und
touren. Was ich schnellstmöglich angehen
sollte. Schließlich bin ich 70, und ich habe
eine Menge neues Material. Aber momen-
tan bin ich noch mit diesem akademischen
Kram beschäftigt, wie ich ihn nenne. Und
der ist auch wichtig. Ich meine, „Celebration
Day“ war sogar super-wichtig. Einfach, weil
es unser musikalisches Testament war. Und
auch diese Bonus-CDs für die Remasters,
die zeigen, wie wir als Band getickt haben,
sind extrem wichtig. Weshalb ich da viel Zeit
investiert habe. Denn ich wollte vermeiden,
dass sich jemand nach meinem Tod daran
vergeht. Von daher war es mir eine Herzens-
angelegenheit.
Interview: M arcel Anders
Led Zeppelin: Led Zeppelin I bis III (Warner),
erhältlich als CD, LP und Digital Download. Es
handelt sich um die eisten neuen Album-Remaster
seit Beginn der 1990er. Die Deluxe-Ausgaben bie-
ten zudem bisher unveröffentlichte Song-Versionen
Led ZeppeJin
136 STEREO 7/2014
FOTO: ROSS HALFIN